Schutzgebiete in Tirol

Ruhegebiete » Zillertaler- und Tuxer Hauptkamm

Hochfeiler
Hochfeiler

Zusammen mit seinen Nachbarn, dem Südtiroler Naturpark Rieserferner-Ahrn und dem Nationalpark Hohe Tauern, bildet der Naturpark den größten Schutzgebietsverbund der Alpen (ca. 2500 km²).

Kurzsteckbrief

Fläche:
421,7 km²
Standort:
Mayrhofen, Brandberg, Finkenberg, Ginzling (Schwaz)
Seehöhe:
1010 - 3509 m

Ruhegebiet seit 1991 (Verleihung des Prädikats „Naturpark“ im Jahre 2001)

Landschaftsausstattung:

Im Westen grenzt der Naturpark Zillertaler Alpen mit dem Tuxer Hauptkamm an das Naturschutzgebiet Valsertal. Der Naturpark wird im Süden durch den Zillertaler Hauptkamm (Staatsgrenze) begrenzt, von dem aus nach Nord-Nordosten zahlreiche Bergrücken und Täler führen:

  • Zamser Grund mit dem Zamser Bach sowie zahlreichen Seitenbächen
  • Schlegeisgrund mit dem Schlegeisbach und dem Schlegeisspeicher
  • Zemmgrund mit dem Zemmbach
  • Gunggl
  • Floitengrund mit dem Floitenbach
  • Stillupgrund mit dem Speicher Stillup
  • Tal des Bodenbaches
  • Sundergrund mit dem Sunderbach
  • Hundskehle mit dem Hundskehlbach, und
  • Zillergründl mit dem Speicher Zillergründl.

Das gesamte Gebiet wird nach Norden hin zum Ziller entwässert. Die Gründe des hinteren Zillertales bilden sehr enge, steilflankige Täler mit schroffen und dunklen Graten und Gipfeln, die im Zillertaler und Tuxer Hauptkamm bis zu 3500 m ansteigen und weite Firnbecken einschließen. Die Täler münden durchwegs in steilen, schluchtartigen Stufen und lassen die almbesetzten Aufweitungen im Inneren nicht erahnen.

Geologisch gehört der Zillertaler Hauptkamm hauptsächlich zur Zentralgneiszone (Tauernfenster) mit hartem Gestein. Im Bereich zwischen Pfitscherjoch und Möseler schiebt sich die umgebende Schieferhülle gegen Osten bis zum Floitengrund vor. Das Tauernfenster ist eines der mineralogisch interessantesten Gebiete der Ostalpen. Zahlreiche, ansonsten zum Teil seltene Minerale kommen hier vor, z.B. Hämatit, Bergkristall, Rauchquarz, Turmalinkristalle, Zepter-Amethyst, Granate, Fluorit-Oktaeder, u.v.a.

Im Naturpark Zillertaler Alpen ist eine Fläche von über 42 km² vergletschert, insgesamt wurden hier 85 Gletscher („Kees“) gezählt. Diese sowie die zahlreichen hohen Gipfel und tief eingeschnittenen Gründe prägen das Landschaftsbild. Hoher Riffler, Gefrorne-Wand-Spitzen, Olperer, Schwarzensteinkees und noch zahlreiche weitere.

Der Talschluss des Zemmgrundes stellt einen ausgezeichneten Anschauungsraum der Gletschergeschichte dar. Rund um die Berliner Hütte sind die verschiedenen Rückzugsstadien der Gletscher und der damit verbundene glazialmorphologische Formenreichtum so gut zu erkennen, daß in diesem Gebiet bereits im Jahre 1913 ein Gletscherkurs abgehalten wurde. Der Gletschermessdienst des Österreichischen Alpenvereines beobachtet seit etwa 100 Jahren Wachstum und Rückgang der Gletscher.

Seen:

Neben den großen Speicherseen (Schlegeisspeicher, Speicher Stillup und Speicher Zillergründl) gibt es einige Berg- und Karseen, z.B.: Friesenbergsee. Zahlreiche Wasserfälle ergießen sich über die steilen Seitenwände der Gründe, besonders im Floitental, im Stillupgrund, im Sundergrund und in der Hundskehle.

Erreichbarkeit:

Das Gebiet ist über die Zillertaler Straße (B 169) und die Schlegeis-Alpenstraße, im östlichen Teil durch die Mautstraße Zillergrund erreichbar. Von Mayrhofen führen Straßen und Wege in die einzelnen Gründe. Der Floitengrund ist bis zur Tristenbachalm (1177 m), der Stillupgrund bis zum Wirtshaus Wasserfall am Speicher Stillup (1116 m) öffentlich befahrbar.

Über mehrere Jöcher und Scharten sind Übergänge nach Südtirol möglich. Vom Schlegeisspeicher ist das alpine Wandergebiet um die Olperer Hütte und das Friesenberghaus leicht zu erreichen. Ein Höhenweg auf der Nordseite des Zillertaler Hauptkammes führt von der Kasseler Hütte über die Alpeiner Scharte bis zur Geraer Hütte im Valsertal.

Die Almen in den Tälern (Gründe) sind mit Forststraßen und Wegen sehr gut erschlossen; ansonsten gibt es Wanderwege und Steige zu den zahlreichen, bewirtschafteten Berghütten und einigen Gipfeln.

Im Naturpark Zillertaler Alpen wurde eine vorbildliche Schutzgebietsbetreuung eingerichtet, die vom Österreichischen Alpenverein, den zugehörigen Gemeinden und dem Land Tirol gemeinsam koordiniert wird. Diese geht weit über die traditionellen Überwachungs- und Pflegeaufgaben hinaus und umfasst auch Öffentlichkeitsarbeit, naturbezogene Bildungsarbeit und Besuchereinrichtungen.

Flora und Fauna:

Der Alpenverein hat eine umfangreiche Bibliographie über den Naturpark Zillertaler Alpen herausgebracht (PANGERL 1993), in der nicht nur die naturräumlichen Gegebenheiten, Pflanzen- und Tierwelt, sondern auch menschliche Geschichte, Soziologie und Alpinismus berücksichtigt sind.

Entsprechend den geomorphologischen und klimatischen Verhältnissen gliedert sich die Vegetation im Bereich des Naturparks in vorwiegend alpine und subalpine Pflanzengesellschaften. Nur in den tieferen Lagen der Täler sind noch montane Waldgesellschaften ausgebildet.

  • Alpine Grasheiden, Urwiesen, Schutt- und Felsenvegetation (oberhalb von ca 2200 m): Bedingt durch die weite Verbreitung von Gneisen und silikatischen Schiefern herrschen hauptsächlich Krummseggenrasen (Curvuleta) vor, mit geringem Anteil an Bürstlingsrasen auf trockenen, sauren Standorten (Nardeten) und Hainsimsen in feuchten Mulden mit langer Schneedauer (Luzuleta). Im Bereich der Tuxer Alpen sind auch bedeutende Flächen von Blaugras-Hauswurzgesellschaften (Seslerio-Sempervireta) zu nennen. Die Pflanzengesellschaften der alpinen Stufe werden zum Teil als Extensivweiden genutzt.
  • Alpine und subalpine Quellfluren und Niedermoore (in einer Höhenstufe von ca 1800-2200 m): Diese treten kleinflächig im unmittelbaren Bereich von Gewässern und Quellen auf und sind zumeist moosreiche Pflanzengesellschaften. Im Zillertaler Hauptkamm findet man Moore im Zemmgrund sowie im Talschluss des Sundergrundes auf über 2200 m südlich der Schönhüttenalm (Mösla, Langeben).
  • Subalpine Stufe mit Zwergstrauchheiden (in einer Höhenstufe von ca 1900-2200 m), Zirben und Legföhren: Hier herrschen vor allem Alpenrosengesellschaften vor (Rhododendrum ferrugineum) mit Heidelbeere (Vaccinium myrtillus) und Rauschbeere (V. uliginosum), an schneearmen Flächen findet man auch die Gemsheide (Loiseleurieta). In tieferen Lagen (1500-2000 m) kommen vereinzelt noch Reste von Zirbenwäldern (Pinetum cembrae) vor, soweit sie nicht durch die Bewirtschaftung zerstört wurden. Meist handelt es sich um Zirben-Fichten-Mischwälder. Legföhrenbestände (Pinetum mugi, in ca 1800-2100 m Höhe) treten nur als kleine Reste an ungünstigen Waldstandorten bzw. in Lawinenstrichen, an den ortgraphisch rechten Talflanken des Ziller- und Stillupgrundes, sowie an beiden Talseiten des Zamser- und Zemmergrundes auf.
  • Subalpine Augebüsche (in einer Höhenstufe von ca 1500-1900 m): Hauptsächlich handelt es sich um große Grünerlenbestände (Alnetum viridis) in Steilrinnen, Schwemmfächern und Gräben. Montane Stufe mit Bergfichtenwald (unterhalb von ca 1500 m), subalpine Fichtenwälder bis 1800 m Höhe. Montane Fichtenwälder sind im Zillertaler Hauptkamm die Waldgesellschaften mit dem größten Flächenanteil. Sie sind auffallend lärchenarm, Lärchen treten nur südlich des Hauptkammes sowie in den Tuxer Alpen in den Vordergrund. Im unteren Hangbereich des Zemm- und Zillertales lösen Fichten-Tannen-Mischwälder (Piceetum-Abietetum) die reinen Fichtenwälder ab. Restbestände von Grauerlenwäldern (Alnetum incanae) gibt es in den Talgründen an Standorten mit regelmäßiger Überflutung durch Hochwasser.

In allen Vegetationsstufen des Naturparkes kommen geschützte und seltene Pflanzen vor, z.B.:

  • Gletscher-Gemswurz (Doronicum glaciale)
  • Kriechende Nelkenwurz (Geum reptans)
  • Alpenleinkraut (Linaria alpina)
  • Gletscher-Hahnenfuß (Ranunculus glacialis)
  • Roter Steinbrech (Saxifraga rosea)
  • Zwerg-Alpenglöckchen (Soldanella pusilla)
  • Arnika (Arnica montana)
  • Frühlingsenzian (Gentiana verna)
  • Krautweide (Salix herbacea)
  • Stengelloser und punktierter Enzian (G. acaulis, G. punctata)
  • Bärtige Glockenblume (Campanula barbata)
  • Edelweiß (Leontopodium alpinum)
  • Alantdistel (Cirsium heterophyllum)
  • Mondraute (Botrychium lunaria)
  • Weißzunge (Leucorchis albida)
  • Läusekraut (Pedicularis tuberosa)
  • Knabenkraut (Dactylorhiza fuchsii)
  • Alpenfettkraut (Pinguicula alpina)
  • und noch zahlreiche weitere

Nicht unerwähnt sei, dass im Bereich des Hornkeesvorfeldes mehrere grundlegende zoologische Untersuchungen über die Wiederbesiedlung von wirbellosen Tieren (hauptsächlich Käfer und Spinnentiere) durchgeführt wurden (JANETSCHEK 1958, GEREBEN 1995, PAULUS und PAULUS 1997), die international große Beachtung gefunden haben.